DR-Strecke 242

Über das letzte Stück der Görlitzer Kreisbahn, wuchert Gras

( von Steffen Reitinger, www.reiti.de)

Die Ladezeiten für die Bilder sind nicht optimal, eine höhere Komprimierung wollte ich aber wegen der Qualitätseinbuße nicht anwenden.

Als Kind war ich öfters mit den Eltern in Königshain-Hochstein wandern, mal in den Ferien oder an einem Wochenende. Man freute sich auf diesen Tag nicht nur um im Wald herumzutoben, auch die Fahrt mit der Eisenbahn war spannend und aufregend. Ich kann mich noch gut an einzelne Details erinnern, das Interesse an einem Stück Eisenbahn kam aber erst sehr viel später . . . . .

 

Kursbuchkarte Winter 82/83

Winterfahrplan 82/83 – durchgekreuzte Züge wurden mit Wirkung vom 07.02.83 eingestellt – der Anfang vom Ende?

Die Görlitzer Kreisbahn hatte eine bewegte Geschichte bis die Enteignung 1946, das ungeliebte Kind Nebenbahn, über einige Umwege in die Hände der DR übertrug (offiziell 1948). Der einzige größere Umbau, seit dieser Zeit, schwenkte das Kreisbahngleis zwischen Girbigsdorfer Straßenbrücke und Stellwerk SVT in das Hauptgleis der Berliner Strecke ein (1948). Hier stand auch das einzige Signal, an der Einfahrt der Abzweigstelle SVT. Damit war zugleich der Kreisbahnhof Geschichte und auch der bisherige Fußweg zum Görlitzer Bahnhof entfiel. 1972 folgten weitere schwere Einschnitte, die Strecken Löbau / Radibor und Königshain-Hochstein / Weißenberg stellten ihren Betrieb ein. Der Rückbau der Gleisanlagen erfolgt -1973 Bf Weißenberg, 1974 das Gleis Königshain-Hochstein / Weißenberg - andere Lade und Kreuzungsgleise (Liebstein, Nieder-Königshain) waren längst verschwunden und seit Schließung der Granitbrüche in Königshain-Hochstein ruhte jeglicher Güterverkehr.Nur für Ebersbach waren noch beschränkt Bedienfahrten vorgesehen. Damit war der Hauptgrund, der einst zum Bau der Strecke führte, entfallen. Später loderte der Güterverkehr noch einmal, für kurze Zeit, zur Anlieferung für den Wohnungsbau auf. Die Plattenentladung erfolgte nördlich der Kreisbahnkurve am DR-Wasserwerk. Die Strecke wurde für den Betrieb unattraktiv und die politische Wende verstärkte diesen Trend weiter. Die Streckennummer wechselte 1992 von 242 auf 223 und 1993 wurde daraus 232 mit dem Vermerk „Schienenersatzverkehr“. Damit fand am 22.05.93 der Betrieb auf dem letzten Stück der Görlitzer Kreisbahn nach fast 88 Jahren sein Ende.

Ich kann mich noch an jenen Tag im Mai erinnern. Herbert und ich hatten die 12 Stunden Tagschichten. Der 22 Mai 93 war ein trüber, regnerischer Tag. Es schien das Wetter trauere mit um die Einstellung der Königshainer Strecke. Die Rangierer hatten den Zug verstärkt, geplant war es nicht aber die vielen Reisenden machten es erforderlich. Als Zuglok fuhr 202 459 an den Zug. Diesmal fuhr der N4140 mit einer Schlusslok 201 007. Sie trug ein Trabantrad mit der Aufschrift „Gummirad mordet Eisenrad“ an der Seite war der Schriftzug „Wieder eine Strecke ausgeDÜRRt“ angebracht. Ein Gruß an den damaligen Bahnchef. Vom Stellwerk B5 aus konnte man die Menschentraube auf dem Bahnsteig beobachten und nachdem das Signal „Fahrt frei“ zeigte setzte sich der Zug in Bewegung. Die Typhons der Loks machten während der ganzen Ausfahrt kräftig Musik und auch von der Strecke hörte man sie noch, leiser werdend und ins Gedächtnis einschneidend. Es war ein stilles Ende ohne viele Worte, nur die SZ kommentierte das ganze kurz, mit wenigen Zeilen und ein paar Bildern. Viel später erst beim betrachten von Fotos fiel mir eine weitere Anschrift an der 201 007 auf  „ Die Eisenbahn macht heut Schluss, morgen kommt der Autobus, was für ein Stuss!“

Der N4141 mit 201 007, am 22.05.93 als letzter Zug von Königshain-Hochstein nach Görlitz

Die Strecke wurde nachher nicht wie vermutet gesperrt, es wurde lediglich die Streckengeschwindigkeit auf 0 km/h festgesetzt. Dies bekam man auch immer wieder einmal mit einem zynischen Unterton zu hören. Der Schienenersatzverkehr dauerte bis 1996, recht lange, als wollte man die Bevölkerung nicht gegen sich aufbringen. Durch den Neubau der Umgehungsstraße und der Erneuerung der Brücke vor der Wasserwerkskurve wurde die Weiche (Anschluss Richtung Königshain) ausgebaut. Zuvor gab es schon viel Hick Hack um die Ansiedlung eines Kohlehändlers auf dem Platz der ehemaligen Plattenentladung. Man hatte wohl schon eindeutige Pläne was aus der Strecke werden sollte. Mit dem Wegfall der Weiche war keinerlei Anbindung und auch keine Fahrtmöglichkeit mehr Richtung Königshain gegeben. Bleibt die Frage warum der Brücke die Widerlager für das Königshainer Gleis spendiert wurden? Die Versuche durch den Kreisbahnverein an die Tradition anzuknüpfen sind nicht von Erfolg gekrönt man hört kaum noch vom Verein und seinen Vorhaben. Die damals bei einer Nacht und Nebelaktion auf den Ebersbacher Bahnhof geschafften Fahrzeuge rosten vor sich hin und wurden schon teilweise zerlegt. Sie waren nur noch ein Ärgernis für die Anwohner und der Traum von einer Fahrt auf der Strecke war schon lange zerplatzt. Die noch vorhandenen Bahnhöfe an der alten Strecke werden bzw. wurden verkauft. Besuchte man den alten Ebersbacher Bahnhof, kam man immer in Versuchung auf die Abfahrtstafel zu schauen. Er war, durch Familie Göldner, in so einem gepflegten Zustand, das man vermutete jederzeit könnte hier ein Zug mit quietschenden Bremsen halten, obwohl hier schon vor vielen Jahren Ruhe einzog. Durch den angestrebten Verkauf der Gebäude und Grundstücke sanken auch die letzten Hoffungen für den Kreisbahnverein. Einen kleinen Lichtblick gibt es seit 2001, die Strecke wurde unter Denkmalschutz gestellt und ein Rückbau damit verhindert. Der Ebersbacher Bahnhof ist verkauft und ein weiterer Interessent bemüht sich um den Bahnhof Königshain-Hochstein. Den Schrottspekulanten ist damit erst einmal der Wind aus den Segeln genommen worden, Flurstücke wurden durch den Rückbaustopp uninteressant. Der Kreisbahnverein musste seine Räume im Königshainer Bahnhof verlassen, sie zeigen aber im Steinstock eine kleine, liebevoll gestaltete Ausstellung von der ich sehr positiv überrascht war. Ein Besuch in Verbindung mit dem Königshainer Schloss ist empfehlenswert. Die Ausstellung hat jeweils Sonntag´s von 14.00 - 17.00 Uhr geöffnet.(Die Ausstellung ist in der Zwischenzeit nicht mehr im Schloss angesiedelt.) Glimmt da vielleicht doch noch ein Fünkchen Hoffnung – wünschenswert ist es auf alle Fälle. Dies sollte nur ein kurzer Abriss, eines kleinen geschichtlichen Teilstückes sein, der weder Anspruch auf Vollständigkeit oder Tiefgründigkeit besitzt.

9 Jahre nach dem der letzte Zug sich auf der Strecke befand, ging es auf zu einer Schwellenwanderung, auf ein Stück der ehemaligen Görlitzer Kreisbahn. Das Augenmerk richtete sich hier mehr auf eine Bestandsaufnahme in der heutigen Zeit, für weitere geschichtliche Aspekte kann ich „Eisenbahnknoten Görlitz“ von Wilfried Rettig (ISBN 3-922138-53-5) empfehlen. Wer die Möglichkeit hat, sollte auch einmal auf die 12 teilige Serie  „Über die Schienen wächst Gras“ von der SZ aus dem Jahr 2001 zurückgreifen.

Beginnen soll unsere Reise an der Brücke – hinter Roller – noch vor der Wasserwerkkurve. Also kraxeln wir die Böschung hoch und los geht die Reise um 09.49 Uhr in die Vergangenheit. Das Wetter erinnert an den 22.05.93, es ist trüb und regnerisch, aber wir werden unser Ziel trocken erreichen. Hier an der Brücke beginnt oder endet die noch durchgehende Gleisverbindung Richtung Königshain. Wir folgen dem Gleis mit seinen Holzschwellen und schon sehen wir das Gebäude des ehemaligen DR-Wasserwerkes. Es hat eine Verjüngungskur - von privat - hinter sich, die ihm gut steht, aber auch etliche Zeit in Anspruch genommen hat. Weiter vorn, rechts liegend, können wir bereits die Stelle für die Plattenentladung ausmachen. Ab hier wechseln auch die Schwellen von Holz in Beton, dies wird nicht der einzige Wechsel im Oberbau bleiben. Durch den Rückbau kann man die Lage der Gleise nur erahnen. Das einzige Gleisstück das noch vorhanden ist, gehörte zum ehemaligen Sero-Anschluss. Lampenmasten ragen noch hoch in den Himmel, ansonsten wirkt alles trostlos und unwirklich. Wir wandern weiter unter der Brücke (Umgehung) hindurch, Birken zieren den Weg und Brombeergestrüpp wächst über die rostigen Schienen. Es geht gut voran, der Bewuchs hält sich hier noch in Grenzen.  

Widerlager ohne Brückensegment und Gleis / der Stummel gehörte ehemals Sero, rechts Plattenentladung

Der km 4,9 kündigt mit der Signalisierung von 10 km/h die Ebersbacher Brücke an und spricht auch gleich für deren Zustand. Ursprünglich handelte es sich um eine pfeilerlose Kastenbrücke mit 43,2 m Stützweite, die nach ihrer Zerstörung im zweiten Weltkrieg mit einem Mittelpfeiler wieder aufgebaut wurde.

Brücke in Ebersbach

Weiter geht es Richtung Ebersbach. Man muss sich an den Tritt erst gewöhnen, ein normaler Schritt ist viel zu groß und man landet immer wieder im Schotter oder was davon übrig geblieben ist. Erst nach einiger Zeit hat man das richtige Schrittmaß gefunden.

Mit Kilometer 5,3 erreichen wir um 10.51 den Anschluss Ebersbach HP. Der kleine Bahnhof liegt in einem Bogen und macht noch immer einen recht aufgeräumten Eindruck. Am Hausbahnsteig liegt eine Fuhre Kies, der neue Eigentümer hat sicher etliches an Arbeit in das betagte Gebäude zu stecken. Auf dem Gleis der Ladestraße stehen noch einige Wagen vom Kreisbahnverein und eine Lok V10. Diese sollte noch in fahrbereiten Zustand gewesen sein, macht aber einen kläglichen Eindruck. Die zweite Maschine V10 ist dem Schneidbrenner zum Opfer gefallen und ihre Teile liegen so, als ob man gerade daran arbeiten würde. Dann will ich es wissen und es reizt mich zu sehr - die Handweiche Richtung Liebstein. Sie ist zwar rostig, doch folgt sie bereitwillig der Stellbewegung. Das hatte ich nicht erwartet. Bevor es weitergeht kommt sie wieder in Grundstellung, Richtung Hausbahnsteig – Ordnung muss sein!

                      Zeugnisse aus besseren Tagen  - belegter Reise und Güterverkehr in Ebersbach  

             Abgestellte Wagen und die beiden Loks – wie im Dornröschenschlaf, der manchmal bitter enden kann!

Ein kleiner Bahnübergang bietet das typische Bild, das sich auf der gesamten Strecke immer wiederholen wird. Zerfallene Andreaskreuze künden straßenseitig von der ehemaligen Bahnstrecke. Die Gleise sind in diesem Bereich kaum zu sehen, von Gras zugewachsen oder im Schmutz der Feldwege verschwunden. Weiter geht es über die Brücke des Lyn-Baches (Kälberbache).  

Kein „V“ sondern ein Andreaskreuz an einem ehemaligen Überweg, Pfeiftafeln  gehören aber wirklich nicht in die Lyn !

Hält man die Augen offen, findet man immer wieder interessante Kleinigkeiten, Kilometersteine und Pfeiftafeln säumen den Weg. Man findet vielfach noch gut lesbar Herstellerangaben und Jahreszahlen auf Schwellen und Schienen. Lässt man seinen Blick auch einmal über das Land schweifen, so findet man auch hier interessante Details. So findet man z.B. den fast abgetragenen Limasberg (Liebstein), der an den Granitabbau in dieser Region erinnert.

Schiene mit Jahreszahl „OSNABRUECK 1926“ / Stahlschwelle „THYSSEN 1934“

Der weitere Weg beschert viel Abwechslung, an einigen Stellen ist der Bewuchs schon recht stark. Andererseits sieht man einigen Bereichen die lange „Dienstruhe“ wenig an. Immer wieder künden Pfeiftafeln von Bahnübergängen und zieren Geschwindigkeitstafeln unseren Weg. Ungefähr im Mittelpunkt des Schienenstranges kann man, rechter Hand,  noch eine Streckenwärterbude entdecken. Eine alte Schaufel und Laschenverbände zeugen von der einst schweren Arbeit am Gleis. Im km 7,0 bis 7,7 wird es im Oberbau recht bunt, es wechseln sich Holz-, Beton-, und Stahlschwellen schnell und willkürlich ab. Im km 8,2 erreichen wir den Haltepunkt Königshain-Liebstein. Nur die ehemalige Bahnsteigbeleuchtung lässt den einstigen Bahnsteig noch erahnen, die Natur tat ihr übriges dazu und der Name des Haltepunktes ist nirgends mehr zu erkennen. Auch der ehemalige Gleisanschluss bleibt dem zufälligen Besucher verborgen. 

Streckenwärterbude / der ehemalige Bahnsteig von Liebstein

Auf dem weiteren Weg das gewohnte Bild, langsam lösen sich die scharfen Konturen von der einstigen Strecke und der Natur auf. Um 12.55 Uhr erreichen wir bei km 9,5 Nieder-Königshain. An den einstigen Bahnsteig mit ca. 70 m Länge sowie an die Ladestrasse, erinnert wenig. Auch hier erscheint alles trostlos und verlassen, wieder erinnert nur die Bahnsteigbeleuchtung an betriebsamere Zeiten. Das Bahnhofsschild hat auch hier einen neuen Besitzer gefunden.  

Die Holzschwellen auf dem letzten Stück des Weges sind morsch und man muss aufpassen wohin man tritt. Teilweise sind die Schwellen so verwittert das die Schrauben ins leere greifen. Mittlerweile haben wir um 13.32 Uhr das „Einfahrsignal“ – die Trapeztafel – von Königshain Hochstein erreicht. Wir überqueren noch eine kleine Brücke und in einem leichten Bogen geht es in den Bahnhof.

keine Schwelle mehr zu sehen / das „Einfahrsignal“ von Königshain-Hochstein  

Vom letzten Versuch angespornt versuche ich mich an der Einfahrweiche. Nachdem die Schottersteine zwischen Zunge und Backenschiene entfernt sind, lässt sie sich aber nur unter großer Mühe umstellen. Der Zahn der Zeit hat ihr arg zu schaffen gemacht. Das Bahnhofsgebäude ist von den Jahren gezeichnet, auch dem Bahnhof selbst sieht man diese verlassenen Jahre an.

Empfangsgebäude Königshain-Hochstein von Autos umzingelt

Am Bahnsteig treffen wir einen O-Wagen, er ist schon interessant wegen seiner Gleitlager und der Hildebrandt-Knorr Bremse. Allein das er Gleitlager drei verschiedener Hersteller besitzt zeugt von seiner bewegten Vergangenheit.  Damit er nicht so allein ist, hat sich noch ein SKL mit Hänger neben ihn gesellt. Dieser gehört dem Kreisbahnverein und war vor langer Zeit fahrbereit. Heute ist die Batterie ausgebaut und die Scheinwerfer eingeschlagen. Sein einziger Schutz sind die vergitterten Fenster vom Führerstand. Sicher sehnt er sich nach seinem Zuhause, dem SKL-Schuppen auf Gleis 9a, im Bahnhof Görlitz. 

ein Wagen bei dem das genauere hinsehen lohnt / Gleitlager im Detail „Krautheim Chemnitz 1942“  

SKL verlassen träumt er von früheren Einsätzen

An die ehemalige Granitverladung erinnern nur noch die Rampen und die vorhandenen Gleisstummel. Weiter geht es Richtung hinterer Umfahrweiche. Eine große Gleisunterspülung würde jedes Befahren verbieten. Geht man im Ausziehgleis weiter Richtung Weißenberg, fühlt man sich wie im Dschungel. Birken mit schon mächtigen Stämmen versperren den Weg. Der Prellbock und das dahinter erkennbare ehemalige Gleisbett ist das letzte was an bessere Zeiten erinnert.  

  unterspült und unbefahrbar  ist dieser Bereich der toten Strecke / Ausziehgleis Richtung Weißenberg

 Die Signalisierung im Bahnhof mit ihren Läute-, und Geschwindigkeitstafeln lässt erahnen, wie gemächlich der Betrieb hier lief, mit der Hektik größerer Bahnhöfe nicht zu vergleichen. Aber auch diese haben in der heutigen Zeit viel von ihrer Betriebsamkeit verloren. Um sich einmal eine Übersicht über die Betriebsstellen (Spalte 1 km) und die Streckengeschwindigkeiten (Spalte 2 km/h) zu verschaffen, werfen wir einen Blick in den Buchfahrplan. Damit man weiß, ob man sich die Fahrt auch leisten kann, schauen wir gleich noch - unten -  in die damals aktuelle Preistafel. Die heutige Preistafel (Stand 01.01.02) weißt bei einer Strecke von 7 km – das entspricht ungefähr der Entfernung Görlitz – Ebersbach Hp – einen Preis von 1,60 € (das wären stolze 3,13 DM) aus. Damit haben wir nach reichlich 12 km das Ende unserer Wanderung erreicht. Sicher hätte man noch das Gelände des ehemaligen Kreisbahnhofes und den früheren Durchlass unter der Berliner Strecke besuchen können. Aber ich wollte mich auf das Stück konzentrieren wo der Schienenstrang noch vorhanden ist.  

Auszug Buchfahrplan Heft 211-13 Jahresfahrplan 89/90 / Auszug aus der Preistafel  vom 1. März 1976

Wenn man nun auf einer Bank etwas verschnauft, fallen einem auch wieder die kleinen Geschichten ein, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dieser Strecke stehen. Die Einfahrweiche in Königshain war verschlossen und es kam schon mal vor, das ein Zugführer vergessen hatte den Schlüssel von der Aufsicht zu holen. Da fuhr der Dispatcher oder ein Taxi den Schlüssel hinterher. Sonst hätte man den Zug nicht umfahren können. Wenn eine 110 ausfiel, musste schon mal eine Rangiermaschine 106 einspringen. Im Sommer kein Problem, im Winter unmöglich da diese Maschinen keine Zugheizung haben. Es war schon ein ungewohntes Bild, wenn ein Gelbschwemmel den Wagen bespannte. Ein anderes mal war der Zug zur Ausfahrt in Görlitz fertiggemeldet. Nach Ausfahrt kam er mit ein paar Metern nicht sehr weit, man hatte vergessen Lok und Wagen zu kuppeln. Mit lautem zischen und getrennter Luftleitung kam er mit Schnellbremsung zum stehen. Einmal hatten wir sogar schon Ausfahrt auf Gleis 9, es war nur peinlich das die Lok noch nicht am Zug war. Sie stand noch abgestellt im Bereich W3 und keinem war es aufgefallen. Man könnte hier noch so viel erzählen . . . .  

0 km/h sagt eindeutig,hier geht nichts mehr (Fotomontage)

War die Wanderung auch kurzweilig und interessant, die ehemalige Strecke ist mehr als in einem erbärmlichen Zustand. Vieles lässt sich nur noch erahnen und die Natur erobert zurück was der Mensch ihr einst mühselig genommen hat. Erhaltenswertes verschwindet, geht so, wie Initiativen nicht immer gern gesehen werden oder große Steine zusätzlich den Weg erschweren. Ein Stück Eisenbahngeschichte wird ganz langsam aber unaufhaltsam verschwinden. Hilfe kann es nur in Form einer Interessengemeinschaft und von Sponsoren geben. Dem Kreisbahnverein wünsche ich viel Erfolg und Durchhaltevermögen bei ihrer schwierigen Aufgabe. Allerdings habe ich vom Kreisbahnverein nichts mehr gehört, bleibt zu vermuten das auch dessen Aktivitäten eingeschlafen sind. Wie wäre es, sich  selbst einmal auf den Weg zu machen, den Schwellen - nun dem Asphalt - zu folgen und ihre Geschichten zu hören – ich wünsche dabei viel Spaß.

In Rücksprache mit Thomas Striese vom Kreisbahnverein (2005) geht der Rückbau des Gleises weiter. Der gerichtliche Stopp zum Rückbau der unter Denkamlschutz stehender Strecke ist aufgehoben. Allerdings ist von einem Radweg auch nichts kongretes mehr zu hören. Der Firma, die dies vaforisierte, ging es sicher mehr um den Stahlschrott, denn es waren durch sie noch keine durchgeführten Projekte mit Radwegen vorweisbar. Der Bereich von der Brücke sowie der Königshainer Bahnhof sollen erhalten bleiben. Die Gemeinde will diesen Bereich dem Kreisbahnverein zur Verfügung stellen. Warten wir ab was daraus wird, alles in allem ein recht trauriges Ende. Aber vielleicht kann mit dem Erhalt des Bahnhofes Königshein wenigstens ein kleiner Schritt erreicht werden.

Verweisen möchte ich auf den Modelleisenbahner Heft 12 / 2005. In diesem Heft erschien ein interessanter Beitrag von Wilfried Kleemann unter dem Titel "Steile Grenzpassage" S.40-42 zum Thema Görlitzer Kreisbahn.

"Der Landkreis Görlitz hat einen neuen Radweg. In der Gemeinde Schöpstal ist am 30. April 2009 der Radweg auf dem ehemaligen Kreisbahn-Trassenabschnitt Görlitz-Königshain frei gegeben worden. Der asphaltierte Radweg ist 8,5 Kilometer lang und 2,50 Meter breit. „Dieses Gemeinschaftsprojekt des Landkreises Görlitz mit den Gemeinden Schöpstal und Königshain ist ein Beispiel für erfolgreiche Teamarbeit in der Region“, sagte der Görlitzer Landrat Bernd Lange, als er die Strecke freigab. Zudem könnte das Projekt eine Pilotfunktion für die touristische Nachnutzung ehemaliger Bahnstrecken in der Region haben."

Was man hier so positiv hinstellt hat aber auch einen Wehmutstropfen - das Streckensterben - und wie lange es gedauert hat bis das "Projekt" fertig war und was da so alles schief lief in der Zwischenzeit, darüber verliert man kein Wort. Die wechselvolle Geschichte der Görlitzer Kreisbahn ist damit unwiderruflich zu Ende gegangen.

Asphalt statt Schienen, früher brachte die Eisenbahn den Fortschritt!

Bedanken möchte ich mich für die Hilfe von Uwe Stark der bereitwillig „mitwanderte“ und vieles zum hier gesagten beitrug. Dank geht auch an Thomas Striese vom Kreisbahnverein für seine Informationen und das Bildmaterial vom 22.05.93. Anzumerken ist das es sich bei dieser  Betrachtung um meine persönliche Wertung handelt und ich kein Mitglied vom Kreisbahnverein bin.

© Reitinger 14.04/2002